| Training in U12 bis U16

Die 10 häufigsten Fehler – und wie man sie vermeidet

© Andreas Grieß
Training
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Kurzhürde
Fachzeitschrift „leichtathletiktraining“
Grundlagentraining
Trainingspraxis
Das Grundlagentraining, also das Training in den Altersklassen U12 bis U16, ist eine wichtige Etappe in der Karriere von Sportlern. Hier gilt es einerseits, wie der Name bereits sagt, die Grundlagen für späteren Erfolg zu legen. Andererseits müssen Trainerinnen und Trainer den Nachwuchsathleten auch ein vielseitiges Training bieten. Vielseitig meint dabei nicht nur vielfältig im Sinne eines breiten Fundaments, sondern auch abwechslungsreich. Nur wenn das Training Spaß macht, wird es die Teilnehmer dazu animieren, immer wieder zur nächsten Einheit zu kommen. Christian Gustedt, wissenschaftliche Lehrkraft an der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Uni Leipzig und Lehrwart im Leichtathletik-Verband Sachsen, identifiziert fünf häufige Fehler im Grundlagentraining und liefert zugleich Lösungsvorschläge.
Christian Gustedt

 

Einleitung

Die Leichtathletik kann noch immer genügend Kinder für ihre großartige Sportart begeistern und für sich gewinnen. Zudem gibt es eine Vielzahl von Vorbildern wie Malaika Mihambo, denen die Kinder nacheifern möchten. Aber diese Kinder und Jugendliche müssen dann auch langfristig an den Vereinssport gebunden werden. Viele Sportler hören mit dem Beginn des Aufbautrainings (ab 16 Jahren) auf, was zu deutlich kleineren Trainingsgruppen in den nachfolgenden Altersbereichen führt. Es gibt Gründe, warum Schulkinder im Alter von 12 bis 13 Jahren mit dem Sport aufhören: Langeweile, nicht länger Spaß an der sportlichen Ausübung, schlechtes Verhältnis zum Trainer oder (Sport-)Verletzungen.


Fehler im Grundlagentraining

Trainer führen ihre Athleten zum Erfolg. Diese Sportler realisieren Leistungen, aber nur das Fachwissen, die Erfahrung und die Führungsqualitäten des Trainers ermöglichen dies. Dabei kann es aber auch passieren, dass zu wenig frischer Wind im Training herrscht, wodurch Langeweile und ein Abarbeiten des immer Gleichen zur Stagnation sowie zum Leistungsrückschritt führen kann.

Der Trainer muss sich in seiner Trainings- und Betreuungsarbeit weiterentwickeln, am besten durch Austausch mit anderen Trainern oder in Verbindung mit Fortbildungen und Selbststudium. Im Folgenden werden häufige Fehler, die im Grundlagentraining auftreten können, aufgezeigt. Nach dem Aufführen der Fehler, werden Lösungsmöglichkeiten dargeboten. Lassen Sie sich durch diesen Beitrag für Ihre eigene Trainingspraxis inspirieren und entwickeln Sie sich im Trainersein weiter, so wie sich die Sportler auch weiterentwickeln.


1. Fehler: Monotonie in der Erwärmung


Zu Beginn der Trainingszeit trifft sich die Trainingsgruppe auf dem Sportplatz, der Trainer begrüßt die Sportler und gibt die bekannte Parole aus: „Zwei Runden auf dem Rasen einlaufen und jeder dehnt sich dann.“ Danach führt er mit ihnen das immer gleiche Sprint-ABC über 30 Meter durch. Es folgen drei Steigerungen. So sieht leider bei einigen Trainingsgruppen noch immer die Erwärmung aus. Diese Monotonie schon zu Beginn des Trainings kann zur Langeweile bei den Sportlern führen. Der einleitende Teil der Trainingseinheit muss wirkungsvoll den folgenden Hauptteil vorbereiten, indem die Vorbelastung sowohl physiologisch als auch koordinativ der anschließenden Hauptbelastung ähnlich ist. Aufgabe ist auch die Motivation und Erhöhung der Lernbereitschaft; die Sportler können zum Beispiel einen Stationen-Orientierungslauf machen. An den einzelnen Stationen können auch schon Bewegungsaufgaben durchgeführt werden. Oder es liegen Informationen über das bevorstehende Techniktraining aus (z. B. für die Disziplin Weitsprung: Fußaufsatz über die flache Sohle, Absprungstreckung usw.). Ein weiteres Beispiel wäre, die Sportler beim Einlaufen in Form einer Acht laufen zu lassen, wenn im Hauptteil der Hochsprung aus dem bogenförmigen Anlauf durchgeführt wird. Auch das Sprint- und Sprung-ABC kann bogenförmig absolviert werden.  

Grundsätzlich spricht jedoch nichts gegen Aufwärmroutinen. Durch sie können sich die Sportler an den Wettkampftagen selbstständig erwärmen. Der Trainer ist dann freier in der Wettkampfbetreuung der anderen Sportler. 
 

2. Fehler: Zu geringe Belastung bei den Spielen


In der Erwärmung oder zum Ausklang kommen in vielen Trainingsgruppen Spiele zum Einsatz. Häufig werden dann z. B. Hürden als Tore aufgestellt und es spielen zehn gegen zehn Sportler mit einem Fußball auf die Tore. Dabei ist oft zu beobachten, dass nur wenige Athleten aktiv am Spiel teilnehmen. Die anderen Gruppenmitglieder stehen rum, quatschen untereinander und sind teilnahmslos. 

Es sollte aber für alle Sportler eine hohe Bewegungszeit sichergestellt werden. Dies kann zum Beispiel durch kleinere Teams auf mehreren Spielfeldern oder durch zusätzliche Spielbälle erfolgen. Auch die Auswahl der Spiele ist entscheidend. Es sollten Spiele gewählt werden, bei denen ähnliche Eingangsvoraussetzungen für alle herrschen
 

3. Fehler: Zu wenige Teamerlebnisse im Training


In der Kinderleichtathletik, gerade im Wettkampfsystem Kinderleichtathletik, finden sich viele großartige Teamwettbewerbe in allen Disziplinen wieder. Leider gehen davon fast alle bereits im Grundlagentraining verloren; meist bleiben nur die Staffelwettkämpfe und Mannschaftswertungen in den Mehrkämpfen und Crossläufen. Häufig spiegelt sich das auch im Training wider und es ist zu beobachten, dass die Kinder oder Jugendlichen nebeneinander an einer Startlinie stehen und auf ein Kommando lossprinten (mal mit mehr und mal mit weniger Einsatz). 

Im Training sollten stattdessen auch Partner- und Gruppenaufgaben gestellt werden, da sie nicht nur motivierend sind, sondern auch das Selbst- und Sozialverhalten der Sportler schulen. Ein Orientierungslauf im Team oder eine Kombination aus Radfahren und Laufen sind in der Ausdauerschulung sicherlich interessanter für die jungen Sportler als ein monotoner Dauerlauf auf der Laufbahn.
 

4. Fehler: Keine Differenzierung bei der Übungsauswahl


Wenn Hürdentraining ansteht, werden häufig nur eine oder mehrere identische Hürdenbahnen aufgebaut. Dann müssen alle Kinder und Jugendlichen über die gleichen Hürdenhöhen und -abstände laufen. Aber gerade in diesem Altersbereich sind die Trainingsgruppen meist sehr heterogen. Durch die Altersproblematik entstehen Leistungsunterschiede gerade im Kinder- und Jugendalter von 10 bis 15 Jahren. Die Akzeleration (frühe und schnelle Reifung) und Retardierung (später, verlangsamte Reifung) fallen gerade in diesem Altersbereich mit dem Beginn der Pubertät besonders ins Gewicht. Die Trainingsinhalte müssen somit den Alters- und Entwicklungsbesonderheiten der Kinder entgegenkommen, d. h. dem biologischen Reifestand individuell angepasst und möglichst emotional wirksam sein. 

Die Übungen sollten eine Übereinstimmung in konditioneller, koordinativer bzw. technischer Hinsicht mit der einen oder anderen leichtathletischen Technik besitzen. Im konkreten Beispiel heißt das: Es sollten verschiedene Hürdenbahnen aufgebaut werden, damit alle Sportler die Möglichkeit haben, im Training gute sportliche Leistungen zu erbringen.

Und vergessen Sie nicht: Im Nachwuchsbereich findet Ausbildung statt. Spitzensport findet im Erwachsenenbereich statt. Hinzu kann kommen, dass die Talente in der Gruppe zumeist unterfordert sind (weil die Trainer sich an den Schwächeren orientieren). Sie könnten dadurch die Motivation verlieren. Deshalb sollen die Methoden und Verfahren stets vielseitig, abwechslungsreich und emotional wirksam sein. Ein Mittelweg aus individuellen Leistungsfähigkeiten und der Gruppendynamik ist zu finden. 
 

5. Fehler: Eine unzureichende Entwicklung der koordinativen Fähigkeiten


In den bislang aufgeführten Fehlern wurde bereits deutlich, dass das Training zu häufig langweilig und wenig abwechslungsreich ist. Es erfolgt die gleiche Erwärmung und dann geht es meistens schon an das Techniklernen. Beim Hochsprungtraining wird zu Beginn der Schersprung ausgeführt. Danach werden Standflops gemacht und schlussendlich springen die Kinder den Flop aus 5 bis 7 Anlaufschritten. Es sollte aber vermehrt die Schulung der koordinativen Fähigkeiten ins Training eingebunden werden. Denn die koordinativen Fähigkeiten beeinflussen maßgeblich das Tempo, die Qualität und die Dauerhaftigkeit der Aneignung sportlicher Fertigkeiten. Sie bestimmen zudem die Höhe des Ausnutzungsgrades der konditionellen Fähigkeiten. 

Gut ausgeprägte koordinative Fähigkeiten unterstützen somit die sportliche Bewegungshandlung in entscheidendem Maße und beschleunigen und verbessern den sportmotorischen Lernprozess. Durch wiederholtes Üben von Bewegungsabläufen stellt sich zwar auch Erfolg ein, aber gerade Variationen in der Bewegungsausführung erhöhen mitunter den Anforderungsgrad. Als Beispiele können genannt werden: 

  • Veränderung der Bewegungsrichtung
  • Veränderung des Ausführungstempos
  • Veränderung des Krafteinsatzes

Vereinfacht gesagt: Es lohnt, die Kinder auch mal mit dem ungeübten Bein springen oder mit dem ungeübten Arm einen Speerwurf auszuführen zu lassen. Auch erfolgreiches Schnelligkeitstraining ist abhängig von einer guten Ausbildung der Koordinations- und Bewegungsschnelligkeit (bereits im Sprint-ABC können variierende Ausführungen mit eingebaut werden). Gerade das sportartspezifische Schnelligkeitstraining ist wichtig. Das heißt, es sollte die maximale Schnelligkeit der Bewegungsabläufe bei den trainings- und wettkampftypischen Techniken angestrebt werden. Motorische Lernaufgaben, wie das Werfen eines leichteren Geräts, können den Kindern und Jugendlichen gestellt werden.

Der komplette Beitrag mit fünf weiteren Fehlern und deren Behebung ist in leichtathletiktraining 2+3/2022 erschienen. 
 

 

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